Neujahr 2015 – Predigt

Der Vorschlag mit Liedern und Gebeten hier als Download (*.docx -WORD): 150101 Neujahr-Predigtvorschlag
Neujahr (01.01.2015)
Predigtvorschlag  Lukas 4, 16 – 21

Liebe Gemeinde,

 

so viele Vorsätze sind in diesen Tagen geboren worden. Ja, sagt der eine, ich bin wirklich zu dick – ich gehe ins Fit-nessstudio. Einmal die Woche mindestens. Gleich kaufe ich mir eine Jahreskarte. Eine andere sagt: Ich kann das Leiden der Kühe, Kälber und Schweine nicht mehr ertragen. Ich werde von nun ganz auf Fleisch verzichten in meinem Le-ben. Und auf Eier und Käse auch, denn da werden ja auch tierische Anteile verwendet.

 

Vielleicht ist es Ihnen auch so gegangen und Sie haben sich auch etwas vorgenommen. Sie wollen verzichten, sich än-dern oder alles, was falsch war, nun ganz anders machen. Oder lächeln Sie weise? Und denken bei sich: Das hat doch keinen Zweck. Die Sporttasche wird im Schrank verstauben. Die Männer wollen ja doch wieder ein ordentliches Stück Fleisch. Und das Ändern der Kochgewohnheiten ist so an-strengend. Ein Stück Lebenserfahrung heißt: Gute Vorsätze? Vergiss es!

 

Aber es gehört doch zu unserem Leben, dass wir uns etwas wünschen. Es muss doch manches anders werden! Wir ha-ben eine Sehnsucht danach. Der Mann, der zum Fitness wollte, der weiß, dass das Übergewicht seiner Gesundheit schadet. Und außerdem sieht es nicht schön aus. Es ist sein Wunsch, dass er gesünder, schöner und vollkommener wird.

 

Und es ist auch verständlich, dass die Frau am Herd sich danach sehnt, dass sie nicht mehr schuldig ist an Qual und Leid der Tiere. Sie weiß nicht, wie sie herauskommen soll aus der Spannung zwischen dem Herkömmlichen, dem Spa-ren und ihrer Sehnsucht, dass sich etwas verändern kann. Es ist ihre Hoffnung, dass sie jetzt den Weg gefunden hat. Sie kann es schaffen. Gute Vorsätze gehören zu unserem Leben. Immer wieder. Wir sehnen uns nach Glück, nach Wohlstand und auch nach Gerechtigkeit und Frieden.

 

Den Christen, die in den Gottesdienst kommen, kann man unterstellen, dass sie das wirklich wollen. Dass sie sich ernsthaft bemühen, so zu leben wie es Gott von uns will. Auf einem Weg zu Gerechtigkeit und Frieden, zu Glück und Wohlstand. Und das soll nicht nur für uns erreicht werden. Alle Menschen, alle Völker, ja die ganze Welt soll davon ergriffen werden. Überall sollen Menschen ohne Ausbeutung und Unterdrückung, ohne Gewalt und Elend leben können. Und die Tiere auch. Es soll ein Reich des Friedens sein. Frieden auf Erden. Da sind gute Vorsätze bestimmt nötig, wenn wir uns die Nachrichten anhören und ansehen.

 

Der Wunsch nach einem irdischen Reich des Friedens ist alt. Vor mehreren tausend Jahren waren es Juden, die sich da-nach sehnten. Aber sie hatten die Wirklichkeit vor Augen. Auf der Erde ist es eben so, wie es ist. Da können wir wenig daran tun. Wir versuchen Gesetze zu machen, die das Zu-sammenleben erträglich machen, aber am Ende muss Gott selbst kommen und einen Retter schicken. Dann, ja dann wird alles gut. Das liegt aber in ferner Zukunft. Das ist eine Hoffnung. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Und bis das irgendwann einmal eintritt, machen wir weiter wie bisher. Damals wie heute regiert diese Einstellung. Nicht nur in den Synagogen, sondern auch in Kirchen und in Parlamenten: Das himmlische Reich – das kommt irgendwann. Bis dahin müssen wir uns behelfen. Auch mit guten Vorsätzen. Auch wenn manche Sporttasche verstaubt, manch guter Ansatz nicht zur Wirkung kommt. Wir versuchen es.

 

Lukas, der Evangelist hat das vor Augen und im Herzen, wenn er uns die Geschichte erzählt. Die allererste vom Wir-ken des Jesus aus Nazareth, der später Christus genannt wird. Das war der Anfang:

 

„Jesus kam nach Nazareth, wo er aufgewachsen war, und ging nach seiner Gewohnheit am Sabbat in die Synagoge und stand auf und wollte lesen. Da wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht. Und als er das Buch auftat, fand er die Stelle, wo geschrieben steht (Jesaja 61, 1 – 2):

»Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, zu verkündigen das Evangelium den Armen; er hat mich ge-sandt, zu predigen den Gefangenen, dass sie frei sein sol-len, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und den Zer-schlagenen, dass sie frei und ledig sein sollen, zu ver-kündigen das Gnadenjahr des Herrn.«

 

Und als er das Buch zutat, gab er’s dem Diener und setzte sich. Und aller Augen in der Synagoge sahen auf ihn. Und er fing an, zu ihnen zu reden: Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren.“

 

So. Das Wort ist erfüllt vor euren Ohren. Alles, worauf die Juden gewartet hatten – erfüllt. Alles, wonach Menschen sich sehnen – erfüllt. Das ist doch unglaublich!

 

Da ist es doch verständlich, dass seine Mitmenschen diesen Jesus zumindest verwundert angesehen haben müssen. Manche haben den Kopf geschüttelt: Was der sich einbildet! Andere waren empört: So geht es nicht! Man kann nicht die ganze Ordnung in der Welt in Frage stellen! Die Zukunft ist nicht jetzt. Das kommt später.

 

Doch!, würde Jesus ihnen vermutlich geantwortet haben. Doch! Die Zukunft hat begonnen. Was wir ersehnen, ist be-reits eingebrochen in unsere Welt. Es hat angefangen. Es wirkt. Es ist Wirklichkeit geworden. Die Zerschlagenen sol-len frei und ledig sein. Die Blinden sollen sehen. Die Ge-fangen sollen frei sein. Die Armen hören gute, befreiende Nachricht. Das Himmelreich ist auf Erden. Kann man das glauben?

 

Aber wo bleiben wir, wenn wir es nicht glauben, wenn wir nicht darauf vertrauen? Bleiben wir nicht auf unsere guten Vorsätze angewiesen? Dann hören wir immer wieder ein: Vergiss es! Das wird nie etwas! Du wirst nie schöner und gesünder. Du wirst nie die Tiere retten und deine Ge-wohnheiten ändern. Und in der Welt wird sich schon gar nichts ändern. Wilhelm Busch hat das einmal in einem Bild ausgedrückt: „Die Welt ist wie ein Brei. Zieht man den Löffel heraus, und wär´s der größte, gleich klappt die Geschichte wieder zusammen, als ob gar nichts passiert wäre.“

 

Es hat sich geändert. Es muss nicht bei unseren Vorsätzen bleiben. Wir sind nicht auf das Gelingen unserer Vorstel-lungen angewiesen. Davon sind wir befreit. Gott hat uns davon befreit, indem er die Welt und ihre Geschicke nicht mehr uns allein überlassen hat. In unser Wünschen, in unsere Sehnsucht ist er selbst gekommen. Wir sehen, hören und erleben es an Jesus. Er hat Ungerechtigkeit und Gewalt, ja den Tod überwunden. Das gibt uns Hoffnung. Das rettet uns. Darauf müssen wir nicht mehr warten. Das ist schon da. Der Himmel ist auf Erden.

 

Brauchen wir keine guten Vorsätze mehr? Doch! Denn unser Tun ist not-wendig für die Menschen, die Tiere und die Pflanzen um uns herum. Gott will es nicht allein. Er will, dass wir seine Liebe in allem entdecken. Er will, dass wir uns davon anstecken lassen. Wir können uns stärken und ermutigen lassen von allen Zeichen der Liebe, die uns be-gegnen. Wir können Gottes Hände sein. Das wehrt der Ver-zweiflung und der Resignation. Die Ohnmacht, die das „Ver-giss es!“ erzeugen will, kann überwunden werden. Frieden und Gerechtigkeit sind möglich in der Welt. Das gibt uns Handlungsspielraum. Das gibt uns Freiheit zum Tun, Mut zum Handeln.

 

Ja, wir müssen uns nicht von der Ohnmacht überwältigen lassen. Eine bekannte Theologin* hat einmal gesagt: „ ‚Da kann man nichts machen‘ ist ein gottloser Satz. So ist es eben, Hunger hat es immer gegeben, heißt sagen: Gott hat keine Hände. Zu denken, ich als einzelne kann sowieso nichts ändern, heißt, sich selber abzuschneiden von der Liebe Gottes.“

 

 

 

 

Liebe Gemeinde,

 

vertrauen wir nicht auf unsere Vorsätze allein. Vertrauen wir darauf, dass Gott uns ermutigt und stärkt. Wir müssen nicht auf später warten. Das Reich Gottes hat schon begonnen.

 

Und der Friede Gottes, der größer ist, als wir denken und verstehen können, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

 

*D. Sölle, Den Rhythmus des Lebens spüren, Freiburg 2001, S.107

 

 

 

 

Fürbittengebet

 

Allmächtiger und barmherziger Gott,

danke, dass DU mit Hoffnung in unser Leben kommst. DU lässt uns nicht allein.

Auch in den Tagen, die in diesem neuen Jahr vor uns liegen, willst DU mit uns gehen.

 

Wir bitten DICH:

Erneuere unser Vertrauen auf DICH.

Ermutige uns, wenn wir verzagen. Wehre der Resignation und der Verzweiflung.

Stärke uns, wenn wir mutlos werden. Wehre der Schicksalsergebenheit und der Ohnmacht.

 

Wir bitten DICH für die Armen, dass sie Befreiung und Trost durch Dein tätiges Wort erfahren.

Wir bitten DICH für die Gefangenen, dass sie frei werden.

Wir bitten DICH für die Blinden, dass sie sehen.

Wir bitten DICH für die Zerschlagenen, dass sie frei und ledig werden.

 

Wir bitten DICH für alle, die sich einsetzen für die Gerechtigkeit und den Frieden auf dieser Welt. Schütze sie vor Gewalt und Leiden. Stärke und ermutige DU sie. Lass sie immer wieder gewiss werden, dass Veränderung möglich ist.

 

Allmächtiger und barmherziger Gott,

wir haben DICH nötig für uns und für diese Welt. Deshalb beten wir gemeinsam mit den Worten, die uns Jesus Christus gelehrt hat:
Vater unser

 

 

 

 

Verfasser:   Pfarrer Jochen M. Heinecke,

Hohes Feld 2, 39624 Kalbe (Milde)

 

 
Herausgegeben vom Referat Ehrenamtliche Verkündigung:
Pfarrerin Dr. Christiane Braungart, Markgrafenstraße 14,                      60487 Frankfurt/Main
( 069 71379-140 ž 2 069 71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Verbindung mit dem

Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf

 

 

Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und WINWORD-Datei) erhältlich
und im Internet abrufbar (http://www.zentrum-verkuendigung.de/predigten.html)
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.